Es gibt erfreuliche Neuigkeiten: das Buch "Recht und Steuern in der Kindertagespflege" ist seit Ende Mai 2024 in der aktualisierten 5. Auflage erschienen (Verlag: Carl Link / Walters Kluwer).
Das Buch vermittelt einen praxisbezogenen Überblick über die Rechtslage im rechtlichen und steuerrechtlichen Bereich der Kindertagespflege. Die Inhalte haben wir gemäß unserer Fachrichtungen in 3 Teile aufgeteilt: Von mir wurde der 1. Teil ("Kindertagespflege als Leistung der Jugendhilfe") und der 3. Teil ("Sozialversicherung in der Kindertagespflege") verfasst und aktualisiert; Cornelia Teichmann-Krauth (Steuerberaterin) hat den 2. Teil ("Steuern in der Kindertagespflege") erarbeitet und aktualisiert.
Nachdem sich das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit bereits mit der Sachkostenerstattung (24.11.2022 - 5 C 1.21, 5 C 3.21 und 5 C 9.21) und dem Anerkennungsbetrag (25.01.2018 - 5 C 18.16) befasst hatte, ging es in den beiden Entscheidungen vom 30.06.2023 (5 C 10.21 und 5 C 11.21) neben der Gewährung der laufenden Geldleistung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag auch um die erforderliche Differenzierung der einzelnen Bestandteile der laufenden Geldleistung. Danach setzt eine den gesetzlichen Anforderungen des § 23 SGB VIII entsprechende Festlegung und Gewährung der laufenden Geldleistung voraus, dass zwischen den einzelnen Bestandteilen der laufenden Geldleistung differenziert und für sie jeweils ein eigenständiger Betrag ermittelt und bestimmt wird.
Die Leitsätze der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (5 C 10.21) lauten wie folgt:
1. Der materiell-rechtliche Anspruch von Kindertagespflegepersonen aus § 23 SGB VIII auf Gewährung einer (die Sachkosten und den Anerkennungsbetrag umfassenden) laufenden Geldleistung wird durch sächsisches Landesrecht (§ 14 Abs. 6 SächsKitaG) verfahrensrechtlich dahin konkretisiert, dass er nur durch eine Vereinbarung - also in der Handlungsform eines öffentlich-rechtlichen Vertrages - gewährt werden kann.
Die Entscheidung wurde am 16.11.2023 auf der Internetseite des Gerichts bereitgestellt und kann unter folgendem Link abgerufen werden: BVerwG_5_C_10.21
Keine Vorgaben von Kündigungsfristen durch öffentliche Jugendhilfeträger in privatrechtlichen Verträgen
Es zeichnet sich ab, dass die Vorgabe von Kündigungsfristen durch den öffentlichen Jugendhilfeträger bzgl. des privatrechtlichen Vertrags zwischen Kindertagespflegeperson und Personenberechtigten nicht in Betracht kommen dürfte. Auch wenn es sich letztlich nur um eine Kostenentscheidung handelt, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 19.05.2023 - 5 C 2.22) in der Entscheidung sehr anschaulich dargelegt, wie der Anspruch einer Kindertagespflegeperson auf die laufende Geldleistung entsteht (und im Übrigen auf diese Ausführungen auch im o. g. Urteil vom 30.06.2023 - 5 C 10/21 Bezug genommen).
Anhebung der Betriebsausgabenpauschale ab 2023
Laut Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 6. April 2023 wurde die Betriebsausgabenpauschale für selbstständig tätige Kindertagespflegepersonen von 300.- € auf 400.- € pro Kind und Monat erhöht.
Die Betriebsausgabenpauschale für Freihalteplätze wurde auf 50 € je Freihalteplatz und Monat angehoben.
Die Erhöhung gilt ab dem Veranlagungszeitraum 2023.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im November 2022 in mehreren Entscheidungen mit der Festlegung der Erstattung angemessener Sachkosten durch die Träger der öffentlichen Jugendhilfe befasst.
Die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, ist Bestandteil der laufenden Geldleistung, die Träger der öffentlichen Jugendhilfe an Kindertagespflegepersonen gewähren, wenn die Förderung des Kindes in Kindertagespflege nach §§ 23, 24 SGB VIII übernommen wird.
Laut BVerwG steht den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bei der Festlegung der Sachkostenerstattung kein Beurteilungsspielraum zu. Die Festlegung der Sachkostenerstattung unterliegt vielmehr der vollen gerichtlichen Überprüfung.
Der bisher von der überwiegenden Rechtsprechung akzeptierten Orientierung an der steuerrechtlich anerkannten Betriebsausgabenpauschale hat das BVerwG eine Absage erteilt. Die Annahme, für die Bemessung der Sachkostenpauschale komme es maßgeblich auf die steuerrechtliche Betriebsausgabenpauschale an, steht nach Auffassung des BVerwG mit dem Bundesrecht nicht im Einklang.
Zu den angemessenen Kosten, die einer Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, hat das Gericht u. a. ausgeführt:
"Das Bundesrecht schreibt zur Ermittlung der angemessenen Kosten keine bestimmte Methodik vor. Die angewandte Methode muss aber geeignet sein, die Kosten realitätsgerecht und ortsbezogen zu erfassen. Wegen des erforderlichen Ortsbezugs kommt der im Steuerrecht anzuwendenden Betriebskostenpauschale in Höhe von 300 € pro Kind und Monat keine maßgebliche Bedeutung zu. Unter Beachtung dessen ist der Jugendhilfeträger oder die nach Landesrecht zuständige Stelle grundsätzlich verpflichtet, die in diesem Sinne üblichen Kosten zu ermitteln. Soweit eine präzise Ermittlung dieser Kosten angesichts der Vielfalt der Verhältnisse praktisch nicht möglich ist, ist er zu vereinfachenden Sachverhaltsbetrachtungen und Typisierungen berechtigt." (Pressemitteilung Nr. 71/2022 vom 24.11.2022)
Eine weitere Entscheidung ist mit Schwerpunkt zu den Verpflegungskosten ergangen, Pressemitteilung Nr. 71/2022 v. 24.11.2022
Die Entscheidung vom 24.11.2022 (BVerwG 5 C 1.21) wurde zwischenzeitlich veröffentlicht. Die Entscheidung enthält folgende Leitsätze:
1. Die Erstattung der angemessenen Kosten für den Sachaufwand nach § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII kann in pauschalierter Form erfolgen. Ein kontrollfreier Beurteilungsspielraum steht den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bei ihrer Festlegung nicht zu.
2. Erstattungsfähige Sachkosten sind Kosten derjenigen Sachmittel, die zur Erfüllung des Förderauftrags nach § 22 SGB VIII geeignet sind und von der Tagespflegeperson wirtschaftlich getragen werden.
3. Angemessen sind die Kosten des Sachaufwands, wenn sie gemessen an den örtlichen Verhältnissen üblicherweise für einen in der Kindertagespflege typischen Standard anfallen und auch der Höhe nach marktüblich sind. Die Methode zu ihrer Ermittlung muss geeignet sein, die entsprechenden Bedarfe und ihre Kosten realitätsgerecht und ortsbezogen zu erfassen; sie darf sich vereinfachender Sachverhaltsbetrachtungen und Typisierungen bedienen.
Die beiden anderen Entscheidungen vom 24.11.2022 sind nun auch online abrufbar: BVerwG 5 C 3.21 und BVerwG 5 C 9.21
Bezüglich der Festlegung eines leistungsgerechten Betrags zur Anerkennung der Förderungsleistung nach § 23 Abs. 2, Abs. 2a SGB VIII ist bereits im Jahr 2018 eine grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, die auf der Internetseite des Gerichts eingesehen werden kann. Danach verfügen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der leistungsgerechten Ausgestaltung des Betrags zur Anerkennung der Förderungsleistung über einen Beurteilungsspielraum, der nur gerichtlich nur beschränkt überprüfbar ist.